Ein Beitrag zur Blogparade der BuGaSi

Du stehst vor deiner Gruppe von Teilnehmern, schaust in leere und gelangweilte Gesichter und schwitzt immer mehr. Warum springt der Funke nicht über? Bin ich so eine Schlaftablette? Das Thema ist spannend, du hast es intensiv aufbereitet und willst einen guten Job abliefern. Was läuft hier gerade schief?

Auch ich bin durch dieses tiefe Tal des Frusts gegangen, als ich meine ersten Seminare und Schulungen durchgeführt habe. Die Lösung des Problems habe ich erst gefunden, als ich mich bewusst in Veranstaltungen von besonders erfolgreichen Trainern gesetzt habe. Dort konnte ich erleben, was Menschen mitreißt. Das Geheimnis:  Nicht jeder Mensch lernt auf die gleiche Art und Weise.  Als Trainer ist es deshalb meine wichtigste Aufgabe, alle Teilnehmer „mitzunehmen“. Die spannendsten Inhalte kommen nicht an, wenn es an der Vermittlung hapert. Deshalb ist der „Frontalunterricht“ mit einer 120 Seiten umfassenden PowerPoint-Präsentation der Aufmerksamkeitskiller par exellence.

Mein Fehler war eindeutig, in einem krassen Missverhältnis den Schwerpunkt auf die Vorbereitung des Lehrstoffes gelegt zu haben. Dabei kommt es darauf an, seine Vermittlung auf die Teilnehmer zuzuschneiden.

Wie nehme ich alle mit?

Viel gelernt habe ich darüber von Tobias Beck, einem der erfolgreichsten deutschen Speaker. Mit einer einprägsamen Veranschaulichung unterteilt er Menschen in vier verschiedene Typen. Das mag sehr verallgemeinernd wirken, ist aber ein hilfreicher Ansatz.

Den „Hai“ charakterisiert im Seminar die Frage „Was bringt mir das?“. Für ihn ist es wichtig, im Einleitungspart attraktive Lernziele serviert zu bekommen, die beweisen, dass ihn die Veranstaltung voranbringt.

Der „Wal“ fühlt sich wohl, wenn das Seminar soziale Anknüpfpunkte bietet. Partnerarbeit oder Bezüge auf die Teilnehmer als Gruppe stellen eine Wohlfühlatmosphäre her, die der Wal zum Lernen braucht.

„Delfine“ verlangt es nach Spaßelementen. Kleine Jokes, ein eingestreutes „High-Five“, ein bisschen Bewegung zwischendurch halten sie bei der Stange.

Mit Daten und Fakten macht man die „Eule“ zufrieden. Sie braucht die Gewissheit, dass es am Ende der Veranstaltung etwas Handfestes gibt, wie z. B. ein Handout.

All diese Elemente sollten in die Einleitung zu Beginn des Seminars einfließen, damit sich jeder in seinen Bedürfnissen angenommen fühlt.

Hinzu kommt die Berücksichtigung der verschiedenen Lerntypen in der Seminargestaltung: visuell – durch Bilder,  auditiv- durch Zuhören, und kinästhetisch – durch Bewegung und Aktivität eignen sich nicht nur Kinder Wissen an. Das Einbinden von Medien, Materialien, Rollenspielen, Partnerarbeit in abwechslungsreicher Weise erhöht die Chance, alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu erreichen.

Fragen bilden

Das wichtigste Element in der Seminardurchführung ist jedoch die Frage. Von Galileo Galilei (1564 – 1641) ist ein dazu passendes Zitat überliefert:

„Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“

Das im wahrsten Sinne des Wortes „Aneignen“ von Wissen und die damit verbundene Persönlichkeitsentwicklung brauchen Raum. Das lateinische Wort „seminarium“ ist abgeleitet von „semen“, was Samen, Setzling, Sprössling bedeutet. Im Seminar kann der Samen zum Wachsen angeregt werden: Wissen erarbeiten, aufnehmen, einordnen, vernetzen, anwenden, weiterentwickeln. Dabei sollten Dozenten und Trainer unterstützen und Impulse geben. Fragen regen Seminarteilnehmer dazu an, Themen gedanklich aufzugreifen. Dabei vernetzen sie es mit ihren bisherigen Erfahrungen und bereits abgespeichertem Wissen.

Anker kann der Trainer setzen, indem er Kernpunkte visualisiert. Ein simples Flipchart und dicke bunte Marker sind dabei nützliches Handwerkszeug. Während des Seminars bleiben sie präsent und machen die Herleitung der Erkenntnisse deutlich. „Donnerwetter. Das haben wir heute gemeinsam erarbeitet!“ Wenn am Ende der Veranstaltung Teilnehmer und Trainer stolz auf die gemeinsam geleistete Arbeit sind, war das Seminar gelungen.

Herzlichst

Mike Warmeling